Kurze Chronologie und wesentliche Fakten zur Entstehung des Windparks Tegelberg-Donzdorf


  • Lage: Unmittelbar an der Albtraufkante und an der entlang der Albtraufkante verlaufenden Gemeindegrenze zwischen Donzdorf und Kuchen, aber noch auf der Gemarkung der Stadt Donzdorf. Das Gebiet der Gemeinde Kuchen und insbesondere das Wohngebiet Sommerberg liegt im Immissionsbereich des Windparks Tegelberg-Donzdorf mit drei Windkraftanlagen (WKA). Die Windkraftanlage 3 (WKA3) des Windparks wurde unmittelbar an der Albtraufkante errichtet. Das nächstliegende Wohngebäude des Sommerbergs liegt ca. 740 m davon entfernt. Zur WKA 3 besteht ungehinderte Sicht- und Hörverbindung vom ganzen Wohngebiet Sommerberg aus und darüber hinaus. Die Lärmimmissionen des Windparks auf Gemarkung Donzdorf betreffen nahezu ausschließlich nur die Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Kuchen, teilweise sind sie aber auch in Geislingen störend wahrnehmbar.
  • Errichtet wurden 3 WKA der Firma General Electric GE 2.75-120 mit Nabenhöhe 139 m und Rotordurchmesser 120 m, die im Vergleich zu Typen anderer Hersteller weit häufiger zu Lärmbeschwerden führen. Im Dezember 2017 bzw. Januar 2018 wurden die WKA ans Netz angeschlossen.
  • Beantragt wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von der Windenergie Baden-Württemberg GmbH, einem Unternehmen der Landsiedlung und einer Tochter der Stadtwerke Schwäbisch Hall. Über eine dazwischen geschaltete Baugesellschaft ist aktuell die Betreibergesellschaft nun die "Windpark Tegelberg-Donzdorf GmbH", eine Tochter der Solar Invest AG, diese wiederum eine Tochter der Stadtwerke Schwäbisch Hall (Betriebsführung durch die Stadtwerke Schwäbisch Hall). Verpächter der Flächen ist die Gräflich Rechberg’sche Forstverwaltung Donzdorf. Die Gemeinde Kuchen hat keinerlei Wertschöpfungsanteile am Windpark, auch wenn die Abstandsflächen der Rotorblätter auf ihrer Gemarkung liegen. Ihre Einwohnerinnen und Einwohner haben nur den Lärm.
  • Genehmigt wurde der Windpark "kurz vor Toresschluss" am 30.12.2016 vom Landratsamt Göppingen (siehe Dokument im Downloadbereich), d.h. unmittelbar vor Inkrafttreten des EEG 2017 am 1.1.2017 mit Einführung der wettbewerblichen Ermittlung der EEG-Förderung (bei der der Windpark sehr wahrscheinlich keine Aussicht auf Realisierung mehr gehabt hätte). Damit war der Windpark Tegelberg-Donzdorf kein Einzelfall. Grundlage der Genehmigung war eine Schallimmissionsprognose des Instituts AL-PRO vom 16.12.2015. Da an einem Immissionspunkt eine Überschreitung des Immissionswerts zur Nachtzeit von 40 dB(A) nicht auszuschließen wäre, sah das Institut die WKA3 nur mit einem abgeregelten Modus zur Nachtzeit als genehmigungsfähig an, was dann auch Eingang in die Genehmigung des Landratsamts fand (wer dies tatsächlich überwachen kann und will bzw. tatsächlich überwacht, ob der abgeregelte Modus auch eingehalten wird, ist hingegen offen; die Einwohner in Kuchen jedenfalls nicht, sie erhalten keinen Einblick in die Betriebsdaten des Betreibers).
  • Zwar gab es im Jahr 2015 eine Bürgerinformation über den geplanten Windpark, doch dann herrschte seitens des Landratsamts bis zur Genehmigung Funkstille auf Anfragen und Initiativen der Bürger (siehe Stellungnahme vom 25.07.2016 im Downloadbereich).
  • Die Gemeinde Kuchen hat mit Schreiben vom 12.04.2016 das Landratsamt gebeten, die Anlagen zur höchstmöglichen Schonung des Landschaftsbilds so weit wie möglich von der Traufkante abzurücken und in Richtung Albhochfläche zu verlagern und bestand auf einer diesbezüglichen Optimierung der Standorte.
    Da der Standort des Windparks im Regionalplan so nicht vorgesehen war, ließ das Regierungspräsidium Stuttgart am 20.12.2016 eine Zielabweichung vom Regionalplan zu (siehe Dokument im Downloadbereich).
  • Die Genehmigung durch das Landratsamt wurde rechtswidrig erteilt, wie der 10. Senat des VGH Mannheim am 17.12.2019 in anderen Fällen entschied: Der Anlagenstandort lag teilweise im Wald. und die Waldumwandlungsgenehmigung hätte somit in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einbezogen werden müssen.
  • Außerdem war der Windenergieerlass des Umweltministeriums von 2012 nicht rechtskonform (die Rechtsprechung kann im Portal www.landesrecht-bw.de nachgeschlagen werden). Das Umweltministerium gab indes die klare Weisung aus, dass rechtswidrige Genehmigungen nicht zurückgenommen werden (siehe LT-Drs. 16/7567 und 16/7572 im Downloadbereich). „Was steht, bleibt stehen und darf sich weiter drehen.“
  • Inzwischen gibt es den neuen Windatlas für Baden-Württemberg (veröffentlicht im Mai 2019), der den bisherigen Windatlas 2011 ersetzt und als neuen Orientierungswert für die ausreichende Windhöffigkeit von Standorten die "mittlere Windleistungsdichte" einführt. Vgl. dazu die Internetseite des Umweltministeriums Baden-Württemberg (https://um.baden-wuerttemberg.de/de/energie/erneuerbare-energien/windenergie). Als relevanter Schwellenwert wird eine "Mittlere gekappte Windleistungsdichte" von 215 Watt pro Quadratmeter in einer Höhe von 160 Metern über Grund angesetzt. Inzwischen kann davon ausgegangen werden, dass der neue WIndatlas von ebenfalls überhöhten Windhöfigkeiten ausgeht, sie Anlagendaten der ENBW am Standort "Goldboden).
  • In der Folge ist auch der Regionalplan bezüglich der Windkraftstandorte zu überarbeiten, was die Zielabweichung und die erteilte Genehmigung des Windparks Tegelberg-Donzdorf im Nachhinein noch fragwürdiger macht. Bis jetzt fehlt es an einer Grundlage im Regionalplan für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
    Kurz zusammengefasst: Die drei WKA des Windparks Tegelberg-Donzdorf werden auf der Grundlage einer rechtswidrigen, allerdings inzwischen unanfechtbaren immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betrieben!
  • Eine Petition von über 130 Kuchener Einwohner*innen im Jahr 2017 an den Landtag von Baden-Württemberg gegen den Bau des Windparks blieb erfolglos (Petition 16/00712 im Downloadbereich - für die Landtagsstatistik: Statt 130 Petitions-Aktenzeichen in Sachen Windkraft nur eines!), die Anlagen wurden gebaut.
  • Die Kuchener Einwohnerinnen und Einwohner haben, seit die drei Windkraftanlagen auf dem Tegelberg im Januar 2018 in Betrieb genommen wurden, die massiven Schallimmissionen dieses Windparks zu erdulden. Auch in 1.200 m oder noch mehr Entfernung vom Windpark sind die Lärmbeeinträchtigungen ähnlich stark wie in den dem Windpark nächstgelegenen Wohngebäuden am Sommerberg.
    Kennzeichen ist ein deutlich vernehmbares "Flugzeuggeräsch", ein starkes Wusch/Wusch wenn der Flügel am Turm vorbeistreicht und nachhaltig vernehmbare Anlagengeräusche, selbt wenn der Rotor nicht läuft (Umrichter, Gernetaor briummen ähnlich wie ein Kühlschrank!)
  • Auf Grund der andauernden Lärmbelästigungen hat die Bürgerinitiative BI Wind Kuchen im Jahr 2018 eine Umfrage bei den Kuchenern durchgeführt, die die Lärmbelästigungen klar bestätigen. Rund zwei Drittel der Antwortenden haben sich dahingehend geäußert, dass sie den Betrieb des Windparks nicht nur nachts als extrem störend empfinden, sondern diesen auch tagsüber beim Aufenthalt im Freien negativ wahrnehmen. Im Wohngebiet Sommerberg fühlen sich 89 Prozent der Antwortenden durch den Windpark insgesamt stark beeinträchtigt. Das Umfrageergebnis ist im Downloadbereich eingestellt.
  • Das Landratsamt sah indes keinen Anlass, einzuschreiten, zu überprüfen oder einen gedrosselten Betrieb anzuordnen, gab doch die in der Genehmigung verlangte nachträgliche schalltechnische Untersuchung durch das Ingenieurbüro rw bauphysik vom 17.12.2018 sowie eine im Frühjahr 2019 am maßgeblichen Immissionsort in Kuchen (Am Sommerberg 39) aus Sicht des Ingenieurbüros keine Hinweise auf eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts von 40 dB/A) zur Nachtzeit für ein Allgemeines Wohngebiet. Für das Landratsamt und den Betreiber waren und sind damit das Thema „Lärm“ durch den Windpark Tegelberg abgehakt. Konkrete Messungen der Lärmimmissionen durch den Windpark Tegelberg-Donzdorf in den Kuchener Wohngebieten seien überflüssig.
  • Aus Sicht der Kuchener Einwohner*innen ist diese nachträgliche schalltechnische Untersuchung vom 17.12.2018 äußerst fragwürdig, denn sie beinhaltet keine konkreten Lärmmessungen an Immissionsorten in Kuchen. Gemessen wurde vielmehr der Lärmpegel der WKA 1 an einem „Ersatzmesspunkt“ auf einer Wiese nördlich der WKA 1, daraus wurde dann von der gemessenen Windgeschwindigkeit in 10 m über Grund auf die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe geschlossen, daraus der Schallpegel der WKA 1 berechnet, dieser auf drei Anlagen hochgerechnet und mit einer Schallausbreitungsberechnung auf den maßgeblichen Immissionsort in Kuchen „heruntergerechnet“.
    Die nachträgliche Messung am Immissionsort (die vorgenannten Berechnungen sollten plausibilisiert werden) Am Sommerberg 39 vom 11.3.2019 war schon auf Grund der äußeren Rahmenbedingungen (Messung nicht zur Nachtzeit, sondern zur Tageszeit mit vorhandenem Straßen- und Bahnlärm und anderen Lärmquellen) fragwürdig. Auch der Wind hatte zum Messzeitpunkt nicht die erforderliche Geschwindigkeit.
    Kurz: Die vom Landratsamt und Gutachter vorab selbst als wichtig erachteten Rahmenbedingungen wurden bei der Vor-Ort-Plausi-Messung nicht eingehalten.
  • Auf Grund der fortbestehenden Lärmbeeinträchtigungen und auch Beschwerden aus der Kuchener Bevölkerung hat die Gemeindeverwaltung in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative ein anderes Ingenieurbüro mit einer Dauermessung an drei Standorten in Kuchen (Friedrichstraße, Sommerberg und Tegelberg) beauftragt. Die Messungen wurden durch das Ingenieurbüro Kurz+Fischer im der Zeit vom 15.2. bis 31.3.2020 durchgeführt. Der erst am 12.4.2021 in der Endfassung vorliegende Messbericht wurde dann der Bürgerinitiative, den Fraktionsvertretern im Gemeinderat und der Gemindeverwaltung präsentiert (siehe Downloadbereich). Im Ergebnis zeigte sich, dass es zeitweise zu Überschreitungen des nächtlichen Richtwertes (40 dB(A)) um 1-2 dB(A) durch den Windpark am Messpunkt Sommer¬berg kam. Bei stärkerem Wind traten auch lautere Geräusche auf, die aber nicht den Windenergieanlagen zugeordnet werden konnten. Es sei lt. Gutachter aber nicht auszuschließen, dass deren Geräusche dann über den Richtwerten lagen. Generell war, so die Gutachter, schwierig, die zahlreichen Umgebungsgeräusche (Vögel, Blätterrauschen, ...) zuzuordnen und den Lärm der Windenergieanlagen herauszufiltern. Fakt war aber, dass die zulässigen Richtwerte erwiesenermaßen während der mehrwöchigen Dauertestphase immer wieder überschritten wurden.
  • Die Messergebnisse wurden in der Folge dem  Landratsamt mit dem Hinweis auf die Überschreitung des nächtlichen Richtwerts vorgelegt. Das Landratsamt als zuständige Aufsichtsbehörde wurde von der Gemeinde dringend und nachdrücklich dazu aufgefordert, zumindest die Einhaltung des nächtlichen Richtwertes von 40 dB(A) sicherzustellen. Gemeinderat und Verwaltung sehen das Landratsamt als Genehmigungsbehörde in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die von ihr mit dem Gehehmigungsbescheid erlassenen Vorgaben und Auflagen dann auch eingehalten und kontrolliert werden. Auch die Bürgerinitiative wandte sich in gleicher Intention an das Landratsamts, forderte die Einhaltung der nächtlichen Lärmgrenzwerte und beantragte mit Blick auf die festgestellten Überschreitungen der Lärmgrenzwerte ein Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens, zumal es (bis heute) an einer regionalplanerischen Festlegung des Windkraftstandorts auf dem Tegelberg mangelt. Das Genehmigungsverfahren müsste bei einem Wiederaufgreifen die vollumfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen.
  • Gegenüber der Bürgerinitiative lehnte das Landratsamt mit Schreiben vom 19.10.2021 (siehe Downloadbereich) ein Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens ab, verweigerte auch den Zugang zu den Betriebsdaten des Betreibers (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse!) und sah die Ergebnisse der Messung durch dás Ingenieurbüro Kurz+Fischer als untauglich für einen Nachweis der Überschreitung der Lärmgrenzwerte an. Der Messbericht erfülle die Anforderungen nach TA-Lärm nicht und könne nicht als Nachweis für eine Immissionsrichtwertüberschreitung dienen. Für das Landratsamt seien allein die Ergebnisse der Abnahmemessung vom 21.09.2018 mit anschließender Schallausbreitungsberechnung durch RW Bauphysik maßgebend. Das Landratsamt sehe keine Veranlassung, gegen den aus seiner Sicht genehmigungskonformen Betrieb des Windparks einzuschreiten. Der Bürgerinitiative wurde "Gelegenheit gegeben", die von ihr gestellten Anträge gegenüber dem Landratsamt zurückzunehmen, anderenfalls das Landratsamt über die gestellten Anträge gebührenpflichtig bescheiden werde (d.h. diese kostenpflichtig zurückweisen werde). Mit Blick auf das erhebliche Kostenrisiko und den Zwang, in ein noch kostenträchtigeres verwaltungsgerichtliches Verfahren mit ungewissem Ausgang eintreten zu müssen, sah sich die Bürgerinitiative gezwungen, ihre Anliegen gegenüber dem Landratsamt nicht förmlich weiterzuverfolgen, zumal es nicht einmal gelang, mit dem Ingenieurbüro, das die Dauermessung durchgeführt hat, dem Landratsamt eine fachlich fundierte Erwiderung gegenüberzustellen.
  • Die Lärmbeeinträchtigungen dauern bis heute an, und es wurden und werden in Kuchen häufig Überschreitungen des Grenzwerts von 40 dB(A) nachts gemessen. Nur sind diese Messungen für das Landratsamt irrelevant, da sie nicht mittels TA-Lärm konformen Messungen durchgeführt werden. Umfragen und Wahrnehmungen der Bürgerschaft werden schlicht negiert!
  • Die Beeinträchtigungen treten bei unterschiedlichen Windrichtungen nahezu in derselben Stärke auf, der Rotorenlärm dringt durch Gebäudewände bis ins Gebäudeinnere und bewirkt v.a. erhebliche Störungen der Nachtruhe. Bei geringeren Windgeschwindigkeiten macht sich der Getriebelärm bemerkbar, dessen Penetranz frequenzbedingt z.T. noch störender und belastender empfunden wird als der Rotorenlärm, und dies auch bei Lärmwerten unter 40 dB(A). Inzwischen fängt nach der WKA1 auch die WKA3 im Betrieb das "altersschwache Klappern" an.